Ein Stiefmütterchen
Es taucht in den Arbeiten von Tania Engelke immer wieder auf. Ihre Großmutter erzählte ihr als Kind die wundersame Geschichte um den eigenwilligen Namen „Stiefmütterchen“. Aus dieser Erinnerung heraus wird es zu einem Symbol der Kindheit und der Idylle.
Sechs Stiefmütterchen im Garten, 2012
Aquarell auf Bütten, Keilrahmen, 70 x 100 cm
Kleine Stiefmütterchen, 2011 – 2020
Aquarell auf Bütten, Cutout; Holz, 15 x 15 cm
Heimat – Ein Paradiesgärtlein, 2011
Installation_Detailansicht
Deutungsgeschichte des Stiefmütterchens
Der etwas merkwürdige Name „Stiefmütterchen“ tauchte bereits im 15. Jahrhundert auf. Man bemerkte, dass die fünf Blütenblätter unterschiedlich groß und verschieden gefärbt sind. Im größten, prächtigsten und wimpernartig verzierten Blütenblatt sah man volkstümlich die böse prunkliebende Stiefmutter, die ihre beiden leiblichen Töchter, die kleineren Blütenblätter links und rechts, mit in die zweite Ehe brachte und diese ebenso prunkvoll kleidete, um sie neben sich sitzen zu lassen. Die beiden Stiefkinder, die oberen Blütenblätter, mußten sich dagegen mit einfarbigen, dunkleren Kleidern begnügen. Die fünf unter der Blüte liegenden Kelchblätter, die man als Stühle interpretierte, verteilen sich ungleichmäßig. Die böse Stiefmutter benutzte gleich zwei, ihre beiden Töchter hatten jeweils ein eigenes Kelchblatt, und die beiden Stiefkinder mußten sich eines teilen. So viel Ungerechtigkeit konnte nicht ungestraft bleiben, und so drehte sich die Blüte am Stengel, sodass die böse Stiefmutter seitdem kopfüber nach unten hängt.